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Biennale Venedig November 24

von Pia Ogrizek

Die 4. Klassen des Kunstgymnasiums durften heuer in Begleitung von Prof. Daubenspeck, Prof. Niederegger und Prof. Sagmeister zur Biennale reisen.  Dank großer organisatorischer Vorarbeit von Prof. Sagmeister lief alles wie am Schnürchen. Die 5BK und die 5AK hatte noch einen Tag vom Vorjahr „gut“, und somit konnten wir, Prof. Petra Lemayr, Prof. Giancarlo Lamonaca und ich, am 3. Tag noch viele andere Highlights der „Eventi collaterali“ der Biennale, den Palazzo Grassi, die Punta Dogana mit zwei tollen Sonderausstellungen der Collection Pinault, die Accademia und den Palazzo Franchetti mit der Ausstellung „Breasts“ besichtigen. Trotz eisigem Wind, aber voller Vorfreude und Enthusiasmus haben sich die SchülerInnen zuerst im Arsenale und am nächsten Tag in den Giardini mit unterschiedlichsten Werken unter dem Motto „Stranieri ovunque“ auseinandergesetzt.  Ein Thema, dass die unterschiedlichsten Menschen, auch Schüler, berührt. Unter vielen Aspekten durchleuchtet wird in der heurigen Biennale: Migrationsströme, die Globalisierung, Identität, Verfolgung, das Nicht-zu-Hause-Sein. 

Heimat in der Sprache finden und im Gepäck eine Handvoll Hoffnung. Thema war bei vielen Künstlern auch das Fremdsein im eigenen Körper, das Sich-verloren-Fühlen, die Suche nach Gleichgesinnten genauso wie das Fremdsein auf diesem Planeten, der unter vielen Aspekten an Menschlichkeit verloren hat: KI, Umweltschändung, Ausbeutung. 

Faszination ging von einer Videoinstallation im Arsenale aus, die sich auf das Thema „Verfolgung“ in unterschiedlichen Ländern im 20. und 21.Jahrhundert, vom Holocaust bis heute, fokussiert. Weiters waren auch Werke von Künstlern zu sehen, die irgendwann in ihrer Biografie ins freiwillige oder unfreiwillige Exil gegangen sind: Anna Maria Maiolino und Nil Yalter, die den Goldenen Löwen für ihre Karriere erhalten haben. Eine andere Perspektive wird auf emigrierte Künstler der ersten Avantgardeströmungen, wie Gino Severini geworfen, der, wie Picasso, ein ewig Fremder im Ausland war.

Der Favorit bei den Länderpavillons waren dieses Jahr bei den Schülern und vieler meiner Kollegen und mir die Vereinigten Staaten, die autochthone Amerikaner in Szene gesetzt haben. Akribische, wertvolle Handarbeit aus unzähligen, bunten Perlen und eine Videoinstallation mit typischen Tänzen und Kostümen machen einen Bevölkerungsteil zum Sprachrohr für viele Minderheiten auf der Welt, die keine laute Stimme haben und lange für ihre Rechte und Anerkennung gekämpft haben.

Erwähnenswert ist auch der österreichische Pavillon, in dem die Künstlerin Anna Jermolaewa sich auf sehr leise, aber sensible Weise mit dem Thema des Exils auseinandergesetzt hat. Anna Jermolaewa hat aus erster Hand erfahren, wie es sich anfühlt, die Heimat zu verlassen und sich in einem zunächst fremden Land beweisen zu müssen. Sie hat Flucht, Migration, Fremdheit erlebt und verwandelt dies in ihren künstlerischen Arbeiten. Ihr Beitrag im österreichischen Pavillon thematisiert exemplarisch und schlaglichtartig Gegebenheiten, die auf ihr Heimatland sowie die Sowjetunion und auf Stationen ihrer Flucht verweisen.

Die Biennale Venedig ist die weltweit wohl bedeutendste Kunstausstellung und leistet nach wie vor einen ungemein wichtigen Beitrag zum ästhetischen, aber auch gesellschaftspolitischen, kulturellen und interkulturellen Diskurs. Die 60. Ausgabe der Biennale Arte findet inmitten einer weltpolitisch krisenhaften Zeit statt. Die Ausstellung hält am Prinzip der Länderpavillons fest: Zeigt sie daher eine nationale Leistungsschau? Das Generalthema 2024 „Stranieri Ovunque-Foreigners Everywhere“ hinterfragt kritisch das Prinzip der nationalen Selbstdarstellung.